Grüne Gefahr fürs Herz
Pflanzenpräparate wie Johanniskraut, Ginkgo und Knoblauch verändern
Wirkung von Blutverdünnern und Antiarrhythmika

Der erste Glaubenssatz von Anhängern der Naturheilkunde lautet: Pflanzliche Präparate
können nicht gefährlich sein, denn was aus der Natur kommt, ist rein und gut.  
Dem zweiten Glaubenssatz zufolge wirken Pflanzenpräparate immer sanft. Jeder Hobby-
gärtner weiß zwar, wie giftig Eibe und Maiglöckchen, Fingerhut, Glyzinie und andere
heimische Gewächse sind. Aber in der Erwartung gesundheitlichen Heils geht es häufig
eher um Glauben als um Wissen.

Im Fachblatt Journal of the American College of Cardiology (Bd. 55, S. 515, 2010) warnt
der Kardiologe Arshad Jahangir von der Mayo-Klinik vor dem leichtfertigen Gebrauch
von Kräuterpräparaten. Besonders Herzpatienten, die zusätzlich andere Medikamente
nehmen, seien gefährdet. Johanniskraut, das bei Schlafstörungen, Ängsten und Depres-
sionen verwendet wird, mindert beispielsweise die Wirkung von Medikamenten gegen
Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und hohe Cholesterinwerte. Patienten mit Herz-
leiden könnten dadurch weitere Beschwerden bekommen.

Ähnlich populär wie Johanniskraut sind Ginkgo-Präparate. Ein Nutzen gegen Alzheimer
und andere Demenzerkrankungen wurde zwar ebenso wenig belegt wie die angeblich
durchblutungsfördernden Eigenschaften. Trotzdem ist das Präparat äußerst beliebt. Bei
Patienten kann es jedoch die Wirkung blutverdünnender Mittel wie Warfarin oder
Aspirin verstärken. Wer zur Vermeidung von Infarkt, Thrombose oder Schlaganfall auf
diese Blutverdünner angewiesen ist und zusätzlich Ginkgo-Mittel nimmt, hat eine höhere
Blutungsneigung.

Bedenklich für Herzkranke sind auch die als harmlos geltenden Knoblauchpräparate.
Knoblauch wird zur Senkung von Blutdruck und Cholesterin wie zur Stärkung der Ab-
wehr- und anderer Kräfte genommen — mit unklarem Nutzen. Belegt ist hingegen, dass
die Blutungsneigung steigt, wenn Patientin sowohl Knoblauch als auch Warfarm
nehmen.

Manche Kräuter sind seit Jahrhunderten in Gebrauch, lange bevor Mittel gegen Herz-
leiden aufkamen. „Auch wenn sie Patienten Linderung verschaffen, muss man Nutzen
und Wechselwirkung mit anderen Mitteln untersuchen“, sagt Jahangir. „Da immer mehr
Menschen Pflanzenpräparate nehmen, wenn sie mit ihrem Arzt unzufrieden sind, ist Auf-
klärung wichtiger denn je.“ Die Patienten müssen daran denken, auch die Kräutermittel
zu erwähnen, wenn ihr Arzt sie nach den Medikamenten fragt, die sie einnehmen.  

WERNER BARTENS

Info: Klinik Höhenried

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